So schön bunt und so schön unnötig
Schaut euch diese tollen Farben an, in denen der neue iMac zu haben ist! Damit arbeiten zu müssen, wäre für mich aber ganz und gar nichts.
Ein weißer Hintergrund, extreme Nahaufnahmen, Slow-Motion, ganz viele Farben und generische Popmusik für Emotionen: Apple hat den neuen iMac wie fast jedes andere Apple-Produkt vorgestellt - inklusive Superlativen und sich schnell drehender Kamera. Ich habe mich allerdings gefragt, während ich fast einen Drehwurm bekommen habe: Wem soll dieses Produkt zusagen?
Ich halte den iMac für zu klein und eingeschränkt, um wirklich sinnvoll als Arbeitsgerät zu taugen. Warum sich Apple hier für ein mickriges 24-Zoll-Panel entschieden hat, ist für mich dabei nur eines von einigen Fragezeichen. Warum das Gerät mit dicken weißen Rändern von vorn betrachtet aussieht wie ein Macbook aus dem Jahre 2012, ist ein weiteres.
(Bild: Apple/Montage: Golem.de)
Schließlich ist modernes Design häufig ein wichtiges Argument für den Konzern. Sonst hätte Apple in Trailern nicht so viel Zeit damit verbracht, das dünne Metallchassis und die vielen Pastellfarben zu präsentieren. Doof nur, dass ich einen Großteil der Zeit nicht hinter dem iMac verbringe oder ihn von der Seite betrachte.
Ich stelle mir gerade vor, dass ich vor dieses Produkt gesetzt werde, einem viel zu kleinen Desktop-PC mit Spiegeldisplay und dicken Rändern. Nach ein paar Tagen möchte ich dann einen USB-Stick anschließen, was in produktiven Arbeitsumgebungen keine Seltenheit ist. Oder wie wäre es mit Peripheriegeräten abseits eines Stücks Kernseife mit Touch-Fläche?
Pech gehabt, wenn das Wechselmedium oder die Maus-Tastatur-Kombination nicht für USB-C ausgelegt sind. Und ich sollte geübt darin sein, die Anschlüsse blind zu ertasten, während ich Fingerabdrücke an meinem teuren neuen Spiegel hinterlasse. Anschlüsse vorn oder an der Seite sehen halt einfach doof aus.
Natürlich kann ich mir auch diverse Adapter kaufen, um Anschlüsse dort zu erhalten, wo sie sinnvoll sind. Der Kabelsalat auf der Rückseite dürfte das an sich schlanke Design des iMac aber nicht gerade aufhübschen. Nicht vergessen: Es dürfen keine Kabel zu sehen sein, egal wie unpraktisch das alles ist!
Der Mac Mini ist einfach das bessere Produkt
Aber im Ernst: Der neue iMac kann kaum etwas, was der Mac Mini nicht bereits kann. Der kleine Mac ist günstiger, hat mehr Anschlüsse - inklusive USB-A, RJ45 direkt am Gerät und HDMI - und setzt auf den identischen, übrigens sehr überzeugenden, M1-Chip. Alles in allem ist der Mac Mini in nahezu allen Situationen das bessere Gerät.
Was ich Apple anrechnen muss: Der iMac ist zumindest ein Komplettpaket und bietet neben einem Display auch Zubehör wie das kompakte Magic Keyboard ohne Nummernblock und die Apple Magic Mouse. Ich muss mir also hier keine Gedanken machen, welche Hardware ich zusätzlich kaufe und greife einfach ins Regal mit den iMacs.
Die mitgelieferte Magic Mouse ist übrigens die Maus, die erstens schwer und unergonomisch ist und zweitens nicht genutzt werden kann, während sie auflädt. Apple hat den Ladeport an der Maus nämlich auf die Unterseite gelegt. So müssen Kunden am besten zwei Stück kaufen - ein genialer Schachzug!
Das Panel des iMac ist mit einer Auflösung von 4.480 x 2.520 Pixeln schön hochauflösend. Die Frage ist, wie sinnvoll das auf einem 24 Zoll kleinen Panel ist. Es ist auch schade, dass Apple nicht die Gelegenheit ergreift und auf ein 16:10-Format setzt. Das würde dem iMac ein gewisses Alleinstellungsmerkmal geben und ihn zu mehr machen als einen hinten schicken und unpraktischen All-in-One, der eine zu allen anderen Macs identische Hardware verwendet.
Andererseits gibt ein solches Produkt dem Konzern die Möglichkeit, das 5.000 Euro teure Pro Display XDR für den iMac zu vermarkten - frei nach dem Motto: "Schaut her, wie schön groß dieses Display im Vergleich zu Ihrem iMac ist. Kaufen!". Zudem: Wo fände denn ein eventueller Mac Pro mit identischer Hardware Platz, wenn der iMac bereits ein sinnvoller All-in-One für alles andere außerhalb des Empfangstresens im schicken Designerbüro wäre?
Aber es gibt den iMac zumindest in pastellfarbenem Orange. Das passt so gut zum Dekor.
Quelle: https://www.golem.de
Ein IMHO von Oliver Nickel veröffentlicht am